27. November 2025 – Radio Brocken
Nur ein Guckloch freikratzen? Das wird teuer und gefährlich. ADAC-Experten erklären die richtige Technik und warnen vor den häufigsten Fehlern beim Eiskratzen.
Eiskalte Wahrheit: Warum ein Guckloch beim Autokratzen lebensgefährlich ist
Wenn morgens das charakteristische Kratzen durch die Nachbarschaft schallt, beginnt für Millionen Autofahrer die ungeliebte Winterroutine. Doch was viele nicht wissen: Wer beim Freikratzen schludert, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern gefährdet sich und andere massiv. Der ADAC Südbayern warnt eindringlich vor den häufigsten Fehlern – und erklärt, wie es richtig geht.
Guckloch-Mythos: Warum zehn Euro das kleinste Problem sind
Noch immer glauben erstaunlich viele Autofahrer, ein handtellergroßes Sichtfenster in der vereisten Frontscheibe würde ausreichen. Ein fataler Irrtum. Die Straßenverkehrsordnung fordert klipp und klar: Alle Scheiben müssen vollständig frei sein. Das Verwarnungsgeld von zehn Euro ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Wer mit eingeschränkter Sicht einen Unfall verursacht, riskiert den Versicherungsschutz und macht sich unter Umständen strafbar.
Die Gefahr lauert besonders beim Abbiegen und Spurwechsel. Ohne freie Seitenscheiben und Rückspiegel bleiben Fußgänger, Radfahrer und andere Verkehrsteilnehmer unsichtbar. Was im Sommer eine Sekunde der Unachtsamkeit wäre, wird im Winter zur tödlichen Falle.
Die richtige Kratztechnik: Sanft aber gründlich
Kunststoffeiskratzer mit Sägezahnkante für dicke Eisschichten und glatter Schabekante für den Feinschliff sind das Werkzeug der Wahl. Doch auch hier lauern Fehler: Zu viel Druck und hektisches Hin-und-Her-Kratzen können die Scheibe beschädigen. Besonders tückisch wird es, wenn Schmutzpartikel auf der Scheibe liegen – sie wirken wie Schmirgelpapier und hinterlassen feine Kratzer, die später die Sicht beeinträchtigen.
Ein oft übersehener Tipp: Auch im Winter sollten die Scheiben regelmäßig gereinigt werden. Eine saubere Oberfläche lässt sich nicht nur leichter freikratzen, sondern verhindert auch Beschädigungen durch eingeschlossene Schmutzpartikel.
Heißes Wasser? Bloß nicht!
Der verzweifelte Griff zur Thermoskanne mit heißem Wasser endet regelmäßig im Desaster. Der drastische Temperaturwechsel führt zu Spannungsrissen im Glas – eine teure Reparatur ist vorprogrammiert. Aber auch lauwarmes oder kaltes Wasser hilft nicht weiter: Es taut zwar kurzzeitig das Eis, friert aber sofort wieder fest und macht die Eisschicht oft noch dicker als zuvor.
Dach, Haube, Kennzeichen: Die vergessenen Gefahrenzonen
Während die meisten Autofahrer zumindest an die Frontscheibe denken, werden Dach und Motorhaube gerne vernachlässigt. Ein gefährlicher Fehler: Während der Fahrt können sich Schneeplatten und Eisstücke lösen und den nachfolgenden Verkehr gefährden. Wer hier nachlässig ist, zahlt 25 Euro – und trägt im Schadensfall die volle Verantwortung.
Auch die Kennzeichen müssen lesbar sein. Fünf Euro Verwarnungsgeld mögen lächerlich klingen, doch bei Verkehrskontrollen oder im Parkhaus kann ein verschneites Kennzeichen zum echten Problem werden.
Smarte Helfer und teure Fehler
Moderne Abdeckplanen für die Frontscheibe gibt es bereits für wenige Euro. Sie werden über Nacht aufgelegt und mit den Türen fixiert – am Morgen einfach abziehen, fertig. Enteiser-Spray, Handbesen und hochwertige Eiskratzer kosten zusammen meist weniger als ein einziges Bußgeld.
Der teuerste Fehler aber ist das Warmlaufenlassen des Motors. Was früher als normal galt, kostet heute 80 Euro. Zu Recht: Der laufende Motor im Stand belastet die Umwelt massiv, verursacht unnötigen Lärm und schadet dem Motor mehr als er nutzt. Moderne Motoren erreichen ihre Betriebstemperatur ohnehin erst während der Fahrt.
Häufig gestellte Fragen zum Thema
Wie lange darf ich maximal brauchen, um mein Auto freizukratzen?
Es gibt keine gesetzliche Zeitvorgabe, aber die Pflicht zur vollständigen Befreiung von Eis und Schnee besteht unmittelbar vor Fahrtantritt. Planen Sie morgens lieber zehn Minuten mehr ein, als hektisch und unvollständig zu kratzen. Bei starkem Frost und dicken Eisschichten kann es durchaus 15-20 Minuten dauern, bis alle Scheiben, das Dach und die Kennzeichen wirklich frei sind. Diese Zeit ist gut investiert – für Ihre Sicherheit und die anderer Verkehrsteilnehmer.
Kann ich die Standheizung nutzen, um das Eis zu tauen?
Ja, eine eingebaute Standheizung ist die komfortabelste und umweltschonendste Lösung. Sie erwärmt den Innenraum und die Scheiben von innen, sodass sich Eis leichter lösen lässt. Anders als beim verbotenen Warmlaufenlassen des Motors arbeitet die Standheizung effizienter und emissionsärmer. Allerdings ersetzt auch sie nicht das mechanische Entfernen von Schnee vom Dach und den Außenflächen. Kombinieren Sie beides für optimale Ergebnisse.
Was mache ich, wenn die Scheibenwischer festgefroren sind?
Niemals versuchen, festgefrorene Scheibenwischer gewaltsam zu lösen – das beschädigt die Gummilippen und den Wischermotor. Schalten Sie stattdessen die Heizung auf die Frontscheibe und warten Sie, bis das Eis taut. Viele moderne Fahrzeuge haben eine spezielle Wischerheizung. Vorbeugend können Sie die Wischerblätter abends hochklappen oder spezielle Schutzhüllen verwenden. Enteiser-Spray hilft auch hier, sollte aber nicht direkt auf die Gummilippen gesprüht werden.