02. Oktober 2025 – Radio Brocken

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Kündigung wegen Fehlverhalten: Diese Gründe kosten den Job

Über 500 VW-Mitarbeiter wurden entlassen. Erfahren Sie, welches Fehlverhalten zur Kündigung führt und wann eine Abmahnung ausreicht.

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Über 500 Volkswagen-Mitarbeiter mussten es in diesem Jahr am eigenen Leib erfahren: Wer zu oft unentschuldigt fehlt oder ständig zu spät kommt, riskiert seine Anstellung. Der Autobauer kündigte ihnen wegen Fehlverhaltens. Doch wo genau verläuft die Grenze zwischen einem verzeihbaren Ausrutscher und einem kündigungsrelevanten Vergehen? Fachanwältin Nathalie Oberthür erklärt, wann Arbeitgeber zur roten Karte greifen dürfen – und wann nicht.

Schwere Pflichtverletzungen: Hier droht die fristlose Kündigung

Manche Vergehen sind so gravierend, dass sie ohne vorherige Warnung zur Kündigung führen können. Dazu zählen Diebstahl, die Beleidigung von Vorgesetzten oder Arbeitszeitbetrug – etwa wenn man vorgibt, am Schreibtisch zu arbeiten, in Wahrheit aber einkaufen geht. "Das führt sehr zuverlässig zur Kündigung, und da brauchen Sie in der Regel auch keine vorherige Abmahnung", erklärt die Arbeitsrechtsexpertin. Der Grund: Bei solch bewussten Pflichtverletzungen könne niemand erwarten, dass der Arbeitgeber dies toleriert.

Die Rechtslage ist hier eindeutig. Wer vorsätzlich gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, hat mit sofortigen Konsequenzen zu rechnen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in solchen Fällen irreparabel beschädigt.

Unentschuldigtes Fehlen: Der entscheidende Unterschied

Bei unentschuldigten Fehlzeiten kommt es entscheidend darauf an, ob jemand bewusst der Arbeit ferngeblieben ist oder lediglich vergessen hat, sich ordnungsgemäß abzumelden. Ein klassisches Beispiel: Wer krank ist und versäumt, die Krankmeldung einzureichen, wird dafür nicht sofort gekündigt. Hier ist zunächst eine Abmahnung als Warnung üblich.

Anders sieht es aus, wenn jemand im Thailand-Urlaub einfach zwei Tage dranhängt, ohne Bescheid zu geben. "Dann könnte das schon für eine Kündigung reichen – auch ohne Abmahnung", warnt Oberthür. Der Unterschied liegt in der Vorsätzlichkeit: Wer bewusst gegen seine Pflichten verstößt, muss mit härteren Konsequenzen rechnen als jemand, der aus Versehen einen Formfehler begeht.

Chronische Unpünktlichkeit kann zum Problem werden

Einmal fünf Minuten zu spät kommen? Das wird niemanden den Job kosten. Doch wer über Monate hinweg regelmäßig zu spät erscheint, bewegt sich auf dünnem Eis. "Wenn Sie über Monate hinweg jede Woche zweimal fünf Minuten zu spät kommen, ist das theoretisch auch ein Kündigungsgrund", erklärt die Fachanwältin. Allerdings muss auch hier zunächst eine Abmahnung erfolgen, bevor der Arbeitgeber zur Kündigung greifen darf.

Die Botschaft ist klar: Einzelne Verspätungen sind verzeihlich, ein Muster chronischer Unpünktlichkeit dagegen nicht. Arbeitgeber haben das Recht zu erwarten, dass ihre Mitarbeiter verlässlich zur vereinbarten Zeit erscheinen.

Die Interessenabwägung: Betriebszugehörigkeit zählt

Nicht jedes Fehlverhalten wird gleich bewertet. Bei der Frage nach einer Kündigung spielt die Interessenabwägung eine zentrale Rolle. Ein langjähriger Mitarbeiter, der seit 30 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist und bislang nie negativ aufgefallen ist, genießt deutlich mehr Vertrauensvorschuss als ein neuer Kollege, der erst seit neun Monaten dabei ist und bereits mehrfach durch Unpünktlichkeit auffiel.

Diese Abwägung berücksichtigt auch die bisherige Leistung, das Alter und die familiäre Situation des Beschäftigten. Je länger und zuverlässiger jemand für ein Unternehmen gearbeitet hat, desto höher liegt die Hürde für eine Kündigung.

Wenn Unvermögen zum Kündigungsgrund wird

Manchmal liegt das Problem nicht im Fehlverhalten, sondern im Unvermögen. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, pünktlich zu erscheinen, kann dafür nicht abgemahnt werden – schließlich ist das Verhalten nicht steuerbar. Dennoch kann dies zum Verlust des Arbeitsplatzes führen, allerdings aus anderen Gründen.

"Das ist dann keine verhaltensbedingte Kündigung, sondern eine personenbedingte", erklärt Oberthür. Ein typisches Beispiel ist der Führerscheinentzug bei einem Berufsfahrer. Kann jemand sechs Monate lang nicht Auto fahren und ist genau das seine Hauptaufgabe, wird es schwierig für das Arbeitsverhältnis. Entscheidend ist hier, ob dem Unternehmen eine Überbrückung der Zeit zuzumuten ist oder nicht.

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Kann ich ohne Abmahnung gekündigt werden?

Ja, bei schweren Pflichtverletzungen wie Diebstahl, Betrug oder vorsätzlichem unentschuldigtem Fehlen ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. Bei weniger gravierenden Verstößen wie gelegentlichem Zuspätkommen muss der Arbeitgeber jedoch zunächst eine Abmahnung aussprechen. Diese dient als Warnung und gibt Ihnen die Chance, Ihr Verhalten zu ändern.

Wie viele Abmahnungen braucht es bis zur Kündigung?

Es gibt keine feste Regel, wie viele Abmahnungen vor einer Kündigung erfolgen müssen. Entscheidend ist die Schwere und Häufigkeit des Fehlverhaltens. Bei wiederholtem gleichem Verstoß kann bereits nach einer Abmahnung gekündigt werden. Bei unterschiedlichen Verstößen kann es auch mehrere Abmahnungen geben, bevor eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Was kann ich tun, wenn ich eine Kündigung erhalten habe?

Prüfen Sie zunächst, ob die Kündigung rechtmäßig ist. Sie haben drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, der Ihre individuelle Situation bewertet. Oft lassen sich in Verhandlungen noch Abfindungen oder andere Regelungen erzielen, selbst wenn die Kündigung formal wirksam ist.


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