04. August 2025 – Radio Brocken
Neues Urteil stärkt Arbeitgeber: Bei berechtigten Zweifeln an Krankschreibungen kann die Lohnfortzahlung gestoppt werden. Alle wichtigen Infos zum Fall.
Ein neues Urteil aus Chemnitz sorgt für Aufsehen in der Arbeitswelt: Arbeitgeber müssen bei berechtigten Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das Gehalt nicht weiterzahlen. Das Landesarbeitsgericht stärkt damit die Position der Unternehmen und zeigt klare Grenzen für Arbeitnehmer auf.
Verdächtiger Zeitpunkt führt zu Lohnstopp
Der Fall eines angestellten Architekten zeigt exemplarisch, wann Krankschreibungen ihre Glaubwürdigkeit verlieren können. Der Mann wollte zu einem neuen Arbeitgeber wechseln und bat um eine einvernehmliche Vertragsauflösung. Als seine Arbeitgeberin ablehnte, folgte eine bemerkenswerte Kette von Ereignissen: Eine rückwirkende Krankschreibung, gefolgt von weiteren Bescheinigungen, die exakt bis zum Ende der Kündigungsfrist reichten.
Das Landesarbeitsgericht Chemnitz sah darin mehr als nur einen unglücklichen Zufall. Die zeitliche Übereinstimmung zwischen dem gescheiterten Aufhebungsvertrag und der "passgenauen" Krankschreibung erschütterte den Beweiswert der Atteste erheblich. Zusätzlich warfen widersprüchliche Diagnosen und eine unzureichend begründete Rückdatierung weitere Fragen auf.
Wenn Zweifel berechtigt sind: Beweislast kehrt sich um
Normalerweise gilt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als starker Beweis für die Erkrankung eines Arbeitnehmers. Doch das Chemnitzer Urteil (Az. 4 Sa 43/23) macht deutlich: Bei berechtigten Zweifeln verschiebt sich die Beweislast. Dann müssen Beschäftigte ihre konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen detailliert darlegen und beweisen.
Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins betont, dass diese Entscheidung weitreichende Folgen haben könnte. Arbeitgeber erhalten ein schärferes Schwert gegen offensichtlich missbräuchliche Krankschreibungen, während Arbeitnehmer künftig vorsichtiger agieren müssen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema
Wann darf mein Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern?
Ihr Arbeitgeber kann die Lohnfortzahlung nur dann stoppen, wenn er berechtigte und konkrete Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit hat. Verdächtige Zeitpunkte, widersprüchliche Diagnosen oder auffällige Muster können solche Zweifel begründen. Eine pauschale Verweigerung ist nicht zulässig.
Muss ich meinem Chef Details zu meiner Krankheit mitteilen?
Grundsätzlich nein - die Diagnose auf Ihrem Attest geht nur die Krankenkasse etwas an. Sind jedoch berechtigte Zweifel entstanden, müssen Sie Ihre konkreten Beeinträchtigungen darlegen können, ohne jedoch intime Details preisgeben zu müssen.
Kann ich gegen eine verweigerte Lohnfortzahlung klagen?
Ja, Sie können vor dem Arbeitsgericht klagen. Allerdings müssen Sie dann beweisen, dass Sie tatsächlich arbeitsunfähig waren. Bei erschüttertem Beweiswert reicht das ärztliche Attest allein nicht mehr aus - Sie brauchen zusätzliche Belege für Ihre Erkrankung.