21. August 2025 – Radio Brocken
Alles zum Thema Krankengeld: Wer hat Anspruch, wie hoch ist die Zahlung und wie lange gibt es die Leistung? Expertentipps für den Antrag und häufige Fallstricke.
Wenn die Grippe wochenlang nicht weichen will oder eine Operation eine monatelange Auszeit erfordert, wird aus einem harmlosen Krankenstand schnell eine existenzielle Sorge. Während die ersten sechs Wochen durch die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers abgedeckt sind, übernimmt danach die Krankenkasse mit dem Krankengeld. Doch wie funktioniert diese wichtige Sozialleistung genau?
Was genau ist Krankengeld und wer hat Anspruch?
Krankengeld fungiert als finanzielles Sicherheitsnetz für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte. Diese Entgeltersatzleistung springt ein, sobald die sechswöchige Lohnfortzahlung des Arbeitgebers endet und die Arbeitsunfähigkeit weiter besteht.
"Anspruch haben unter anderem Arbeitnehmende und Arbeitslosengeld-I-Bezieher", erklärt Lisa Leinenbach von der Arbeitskammer des Saarlandes. Ausgeschlossen sind hingegen geringfügig Beschäftigte, Bürgergeld-Bezieher und mitversicherte Familienangehörige.
Selbstständige müssen sich bewusst für eine Krankengeldzahlung entscheiden und entsprechend versichern. Yvonne Vollmer von der Verbraucherzentrale Hamburg rät dringend dazu: "Das ist eine wichtige Absicherung für Selbstständige."
Privat Versicherte sollten unbedingt eine separate Krankentagegeldversicherung abschließen, da Krankengeld in der PKV nicht automatisch enthalten ist.
Beantragung und Auszahlung: So läuft der Prozess ab
Die gute Nachricht: Einen gesonderten Antrag müssen Betroffene normalerweise nicht stellen. Die Krankenkasse wird aktiv und sendet einen Fragebogen zu. Parallel übermittelt der Arbeitgeber elektronisch eine Entgeltbescheinigung.
Vollmer empfiehlt: "Lassen Sie sich einen Ausdruck dieser Bescheinigung geben. Das verschafft Ihnen Transparenz über den Prozess." Nach der Prüfung veranlasst die Krankenkasse die Auszahlung – grundsätzlich rückwirkend für den kompletten Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit.
Lückenlose Krankmeldung ist entscheidend
Ein kritischer Punkt: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss lückenlos sein. "Jede Lücke hat finanzielle Folgen", warnt Leinenbach. Dauert die Krankheit länger als ursprünglich bescheinigt, muss spätestens am nächsten Werktag nach dem Ende der ersten Bescheinigung eine neue ausgestellt werden. Wichtig: Samstage zählen nicht als Werktage.
Finanzielle Aspekte: Höhe und Besteuerung des Krankengeldes
Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des regelmäßigen Brutto-Arbeitsentgelts, maximal jedoch 90 Prozent des Netto-Einkommens. Der gesetzliche Höchstbetrag liegt 2025 bei 128,63 Euro pro Tag. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld aus den vergangenen zwölf Monaten fließen in die Berechnung ein.
Vom Brutto-Krankengeld werden die Arbeitnehmeranteile für Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgezogen. Steuern fallen zwar nicht direkt an, aber das Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt – es kann also den Steuersatz für das übrige Einkommen erhöhen.
Dauer und Grenzen der Krankengeldzahlung
Die maximale Bezugsdauer beträgt 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit. Da die ersten sechs Wochen durch Lohnfortzahlung abgedeckt sind, wird Krankengeld tatsächlich maximal 72 Wochen gezahlt.
Bei einer neuen, anderen Erkrankung beginnt eine neue Blockfrist. Vollmer erklärt: "Es können mehrere Blockfristen parallel laufen." Kommt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert sich die Leistungsdauer jedoch nicht.
Häufig gestellte Fragen zum Krankengeld
Kann die Krankenkasse die Krankengeldzahlung einfach stoppen?
Ja, bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit kann die Krankenkasse den Medizinischen Dienst einschalten. Stellt dieser Arbeitsfähigkeit fest, wird die Zahlung eingestellt. Betroffene können innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen und der behandelnde Arzt kann eine aktuelle medizinische Begründung nachreichen.
Was passiert, wenn ich während des Krankengeld-Bezugs arbeitslos werde?
Der Krankengeldbezug läuft zunächst weiter. Nach der Genesung haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wobei das Krankengeld bei der Berechnung der Anspruchsdauer berücksichtigt wird.
Muss ich während des Krankengeld-Bezugs zu Kontrolluntersuchungen?
Die Krankenkasse kann Sie zu Untersuchungen beim Medizinischen Dienst laden. Eine Verweigerung kann zur Einstellung der Leistung führen. Gleichzeitig müssen Sie regelmäßig Folgebescheinigungen von Ihrem behandelnden Arzt vorlegen.