19. Januar 2021 – dpa Nachrichten
Unser Experte klärt die Rechtslage.
Die Corona-Impfungen sind in vollem Gange – zumindest bei der Corona-Risikogruppe, also den Älteren über 80. Aber auch die Pfleger aus den Alten- und Pflegeheimen können sich jetzt schon impfen lassen. Da stellt sich für viele die Frage: kann mich mein Arbeitgeber zu einer Impfung verpflichten?
Verunsicherung kommt da auch von einem Fall aus Dessau-Roßlau. Hier hat ein Pflegedienst sieben Mitarbeiterinnen gekündigt, weil die sich nicht impfen lassen wollten. Wir von Radio Brocken haben deshalb bei Rechtsanwalt Dr. Hermann Gloistein nachgefragt.
Darf mich mein Arbeitgeber kündigen, wenn ich mich nicht impfen lasse?
Ganz klar – nein, sagt Hermann Gloistein. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall nicht das Recht mich zu entlassen. „Jede Impfung ist juristisch gesehen eine Körperverletzung. Jetzt sind nicht alle Körperverletzungen böse – man denke nur an eine Operation, die eine Gesundheit wiederherstellt. Dennoch, es bleibt eine Körperverletzung, ein Eingriff in den Körper, und damit auch in die Person des Einzelnen. Und darüber entscheidet der Einzelne völlig autonom selbst.“, so Gloistein.
Was mache ich, wenn mir wegen fehlender Impfung gekündigt wird?
In diesem Falle sollten Sie direkt zum Arbeitsgericht oder zu einem Anwalt gehen und gegen die Kündigung vorgehen. Wichtig laut Gloistein: „Da habe ich nur drei Wochen Zeit, diese Klage zu erheben. Wenn ich diese Frist verpasse, kann ich die Kündigung nicht mehr wirksam angreifen.“
Ist eine generelle Corona-Impfpflicht für Arbeitnehmer denkbar?
Grundsätzlich ist das auch für Gloistein denkbar. Allerdings sind die Hürden dafür sehr hoch. „Wenn eine Gefährdungssituation so schwergewichtig ist, dass es schlicht keine anderen Möglichkeiten mehr gibt, dieser Gefährdungssituation Herr zu werden, und wenn ohne so eine Impfverpflichtung konkret nachweisbar eine große Anzahl von Menschen schweren Schaden nehmen wird, dann wäre so etwas denkbar. Aber das bedarf auf jeden Fall eines gut diskutierten Gesetzes, das geht nicht mal eben mit einer Entscheidung der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten oder sonst etwas, was wir jetzt in der Corona-Zeit so erleben. Wir haben hier Verfassungsrechte, die wir beachten müssen – also die Hürden für eine solche Festlegung sind sehr hoch.“