29. Juli 2025 – Radio Brocken
Landesarbeitsgericht Mainz: Häufige Kurzzeiterkrankungen können Kündigung rechtfertigen. 166 Fehltage in drei Jahren führten zu wirksamer Kündigung.
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz sorgt für Aufmerksamkeit: Auch wiederholte Kurzzeiterkrankungen können eine rechtswirksame Kündigung rechtfertigen. Der Fall eines Logistikmitarbeiters zeigt, unter welchen Umständen Arbeitgeber trotz Kündigungsschutz handeln dürfen.
166 Fehltage in drei Jahren: Wenn Krankheit zur Belastung wird
Der konkrete Fall macht deutlich, wo die Grenzen liegen: Ein langjähriger Mitarbeiter eines Logistikunternehmens fehlte zwischen 2020 und Anfang 2023 insgesamt 166 Arbeitstage krankheitsbedingt. Das entspricht mehr als sechs Monaten Arbeitsausfall in drei Jahren – eine erhebliche Belastung für jeden Betrieb.
Die Diagnosen reichten von grippalen Infekten über Atemwegserkrankungen bis hin zu psychischen Belastungssyndromen und Nachwirkungen eines Herzinfarkts. Trotz dieser vielfältigen Gesundheitsprobleme sah der Arbeitnehmer im betrieblichen Eingliederungsmanagement keinen Handlungsbedarf und lehnte Unterstützungsmaßnahmen ab.
Negative Gesundheitsprognose als Kündigungsgrund
Das Landesarbeitsgericht Mainz bestätigte in zweiter Instanz die Wirksamkeit der Kündigung. Entscheidend war dabei die negative Gesundheitsprognose: Die Vielzahl unterschiedlicher, regelmäßig auftretender Erkrankungen ließ erwarten, dass auch künftig mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen sei.
Besonders problematisch bewertete das Gericht, dass der Arbeitnehmer diese Prognose nicht widerlegen konnte. Weder fundierte Angaben noch medizinische Nachweise sprachen für eine Besserung der gesundheitlichen Situation. Die wirtschaftliche Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten von jährlich weit über sechs Wochen verstärkte die Argumentation des Arbeitgebers.
Interessant ist die Bewertung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Obwohl das Arbeitsgericht erster Instanz noch formale Mängel bemängelte, sah das Landesarbeitsgericht diese als nicht entscheidend an. Da der Arbeitnehmer selbst keine Unterstützung wollte, hätten auch korrekt durchgeführte BEM-Gespräche keine milderen Maßnahmen zur Folge gehabt.
Häufig gestellte Fragen zum Thema
Wie viele Krankheitstage rechtfertigen eine Kündigung?
Eine pauschale Anzahl gibt es nicht. Entscheidend ist die Gesamtbetrachtung: Häufigkeit, Dauer und Prognose der Erkrankungen sowie die betriebliche Belastung. Mehr als sechs Wochen jährlich über mehrere Jahre können kritisch werden, besonders wenn keine Besserung absehbar ist.
Kann ich gekündigt werden, wenn ich oft kurz krank bin?
Ja, auch häufige Kurzzeiterkrankungen können eine Kündigung rechtfertigen. Wichtig ist dabei die negative Gesundheitsprognose – also die begründete Erwartung, dass die Fehlzeiten auch künftig anhalten werden. Einzelne Krankheitstage sind jedoch normal und kein Kündigungsgrund.
Schützt mich das betriebliche Eingliederungsmanagement vor Kündigung?
Das BEM ist ein wichtiger Baustein, aber kein absoluter Schutz. Wenn Sie Unterstützungsmaßnahmen ablehnen oder diese offensichtlich nicht helfen würden, kann trotz BEM gekündigt werden. Kooperieren Sie daher aktiv und nutzen Sie angebotene Hilfen.