26. November 2021 – dpa Nachrichten

Corona

Corona-Impf-Missverständnisse: Wir klären auf!

Gerade jetzt sind rund um die Corona-Impfung viele Missverständnisse im Umlauf. Sie sorgen für Unsicherheit und Zurückhaltung beim Impfen. Doch was ist da wirklich dran?

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Eine Spritze liegt auf einem Impfpass. , Foto: Friso Gentsch/dpa/Illustration

Die Impfstoffe sind nicht ausreichend getestet

Das Tempo von Forschung, Entwicklung und Zulassung war schon atemberaubend. Denn binnen weniger Monate gab es Impfstoffe. Dafür gab es mehrere Ursachen.

Die Pandemie betraf die ganze Welt. Deswegen wurden Impfstoffe weltweit gleichzeitig entwickelt. Auch fing man praktisch nicht bei null mit der Forschung und Entwicklung, sondern man konnte auf Ergebnisse aus der Impfstoffforschung mit verwandten Viren zurückgreifen. Und: es gab für die Forschung soviel Geld wie noch nie. All das hatte die rasante Entwicklung ermöglicht.

Selbst die Zulassung ging schneller als sonst üblich, weil die verschiedenen Phasen der Zulassungstests gleichzeitig ablaufen konnten, da es hunderttausende Freiwillige für die Studien weltweit gab. Zugelassen wurden dann die Impfstoffe natürlich nach den üblichen Qualitätsstandards und es wurden keine einzelnen Schritte in dieser Studie übersprungen.

Inzwischen haben weltweit Milliarden Menschen diese zugelassenen Impfstoffe bekommen. Und gerade, weil so viele Menschen in so wenigen Monaten geimpft wurden, konnten die sehr selten auftretenden Nebenwirkungen, wie Hirnvenenthrombosen, erkannt werden.

Langzeitfolgen: Sind hier nicht zu erwarten, denn die Nebenwirkungen treten innerhalb von Stunden oder Tagen auf. Manchmal auch nach Wochen, aber auf keinen Fall nach Jahren.

Das Risiko der Impfung ist hier immer noch viel kleiner als die Folgen der Erkrankung! Die Entwicklung der Corona-Impfstoffe ist das größte und wissenschaftlich am besten begleitete Impfprojekt der Menschheitsgeschichte. Deshalb sind die Vakzine so gut getestet wie kein anderer Impfstoff zuvor.


Ohne Impfstoffe wären die Zahlen jetzt nicht explodiert

Das stimmt nur auf den ersten Blick, wenn die Zahlen aus dem letzten Herbst mit diesen jetzt hier vergleicht. Das verrät allerdings aus mehreren Gründen nichts über den Schutz der Impfstoffe.

Im Herbst 2020 war der Wildtyp unterwegs, dann grassierte die Alpha-Variante und danach die Delta-Variante, wie jetzt in Deutschland. Diese Variante ist 40 - 60% ansteckender, weshalb die Zahlen jetzt deutlich höher sind. Außerdem gab es vor einem Jahr eine Lockdown light für Schulen, Restaurant, Einzelhandel etc. und auch galten strenge Kontaktbeschränkungen. Deshalb konnte sich der Virus weniger verbreiten.

Impfschutz bedeutet: eine Impfung kann einen schweren Verlauf Krankenhausaufenthalt, Intensivstation, Beatmung oder Tod verhindern. Das können alle Impfstoffe.

Aber: Geimpfte können sich trotzdem infizieren. Das nennt man dann: Impfdurchbruch. Hier verläuft meist die Krankheit milder. Das ist für den Infizierten, aber es bleibt für die Pandemie ein Problem, denn auch Geimpfte können den Virus verbreiten. Und je länger die Impfung zurück liegt, um so schwächer ist das Immunsystem. Deshalb rät die Ständige Impfkommission (Stiko) zur Booster-Impfung. Und eine dritte Impfung ist nicht unüblich, denn diese wird auch bei Tetanus, Keuchhusten oder Kinderlähmung praktiziert.

Trotz Spritze landen immer mehr Geimpfte auf der Intensivstation und haben einen schweren Verlauf

An dieser Stelle muss man nämlich mit einem Missverständnis aufräumen, das vor allem auf Seiten der Impfkritiker sehr populär ist. Dort verweist man dann gerne auf die hohe Zahl der Impfdurchbrüche, um belegen zu wollen, dass die Impfung letztlich sinnlos sei und nichts bringe. Doch auch das ist falsch.

Betrachten man zum Beispiel die Ü-60-Jährigen im Krankenhaus. Hier zeigt sich, 45% der Erkrankten geimpft waren. 55% waren es nicht. Dann scheint hier die Impfung nicht geholfen zu haben. Doch, das stimmt so nicht, weil man das entscheidende Detail übersieht: In dieser Altersgruppe sind in Deutschland derzeit 87% vollständig geimpft. Es gibt als hier viel mehr Geimpfte als Ungeimpfte. Dadurch ergibt sich rechnerisch gesehen folgendes Bild: Ungeimpfte haben das achtfache Risiko, ins Krankenhaus zu müssen.

Die steigende Impfquote ist übrigens aus der Grund, weshalb es immer mehr Menschen gibt, die trotz Impfung mit dem Virus infizieren. Da ja die Mehrheit der Bevölkerung nun geschützt ist, summieren sich selbst die vergleichsweise seltenen Impfdurchbrüche zu nennenswerten Zahlen. Das ist aber rein mathematisch gesehen und sagt nichts über die Qualität der Impfstoffe aus.


Impfungen können die Pandemie nicht verhindern

Richtig: denn das Corona-Virus wird nicht wieder verschwinden. Es wird also künftig vor allem in den Herbst- und Wintermonaten Corona-Infektionen geben. Praktisch wird dann früher oder später jeder mal Kontakt mit dem Virus haben.

Es gibt zwei Gruppen:
Die Ungeimpften infizieren sich in jedem Fall. Je nach Alter, Risikofaktoren und Gesundheitszustand verläuft dann die Krankheit leicht, mittel oder schwer. Wer sich infiziert, ist danach für eine Zeitlang geschützt, weil das Immunsystem trainiert wurde.
Die Geimpften sind beim Erstkontakt schon einen Schritt weiter. Bei denen ist das Immunsystem durch die Impfung schon trainiert. Zwar können sich die Geimpften noch weiterhin anstecken, aber die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf ist dann viel kleiner.

Und: die Geimpften sind kürzere Zeit ansteckender als die Ungeimpften.

Vorbei die Pandemie erst, wenn genügend Menschen dagegen immun sind. Entweder durch eine Impfung oder durch die Erkrankung, die allerdings die gefährlichere Alternative ist.


Weitere Impf-Mythen finden Sie hier: Impf-Mythen


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