07. Juli 2025 – dpa Nachrichten

Soziale Medien

Polizeivideos gehen auf TikTok viral

Mit witzigen Clips und überraschenden Aktionen erreicht die Polizei in Sachsen-Anhalt Millionenaufrufe auf Tiktok. Warum zeigt sie sich mit den viralen Videos?

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Vor gut eineinhalb Jahren hat die Polizei den Kanal auf Tiktok eingerichtet., Foto: Heiko Rebsch/dpa

Ein Polizist rennt neben einem Auto her, greift mit seiner Hand durch das offene Fenster und knöpft dem telefonierenden Fahrer sein Handy ab. Der guckt verdutzt. «Kein Handy während der Fahrt», sagt der Polizist in die Kamera. Botschaft übermittelt. Erst dann folgt die Auflösung - die Szene in dem Video ist gestellt. Eine Polizistin wedelt hinter der Scheibe sogar fleißig mit einem Ast, damit die Fahrt täuschend echt aussieht.

Viele Videos wie diese hat die Polizei in Sachsen-Anhalt schon auf der Videoplattform Tiktok veröffentlicht. Oft geht es um die Sicherheit im Straßenverkehr, Verkehrskontrollen oder die Arbeit bei der Polizei - die Clips sind meist sehr kurz, überraschend und durchaus auch mal mit Selbstironie versehen.

«Durch die Videos wird oft eine Debatte angestoßen. Viele sprechen dann in den Kommentaren über ihre Erfahrungen mit der Polizei. Genau diesen Austausch wollen wir», sagt Polizeimeister Arthur Gamm. Er ist einer der beiden Hauptakteure in den Videos.

Verkehrskontrolle in 15 Sekunden

Vor gut eineinhalb Jahren hat die Polizei den Kanal auf Tiktok eingerichtet. Die Plattform spricht besonders junge Nutzerinnen und Nutzer an. Ziel war es am Anfang, nach der gestiegenen Jugendkriminalität in Halle Zugang zu dieser Zielgruppe zu finden und die Prävention zu stärken. Inzwischen erscheinen regelmäßig Videos auf dem Kanal, manche wurden millionenfach aufgerufen - wie etwa ein nur 15 Sekunden kurzes Video zu einer Verkehrskontrolle.

«Die optimale Videolänge ist zwischen 10 und 15 Sekunden. Innerhalb der ersten zwei bis drei Sekunden müssen wir die Nutzer bekommen, damit sie das Video anschauen», sagt Gamm. «Es fällt uns nicht schwer, in die Lebenswelt der Schüler reinzugehen. Wir sind auch voll drin in der Sprache, weil wir täglich auf Tiktok sind.»

Meiste Zeit geht für Ideenfindung drauf

Auch auf Youtube und X ist die Polizei aktiv, doch die größte Reichweite erzielt sie bei Tiktok. Für Gamm (32) und Polizeihauptkommissar Sebastian Schultzik (36) bot sich so die Chance, privates Interesse an Videos und sozialen Medien mit dem Beruf zu verbinden - auch wenn sie bei der Polizei noch andere Aufgaben übernehmen. «Die meiste Zeit geht für die Ideenfindung drauf. Wir fragen uns: Wie können wir ein Thema interessant rüberbringen?», erzählt Schultzik.

Das ist manchmal gar nicht so einfach, weil man auch schnell missverstanden werden kann. «Wir betrachten die Videos aus vielen Blickwinkeln. Es sollen keine Subbotschaften enthalten sein, die wir nicht senden wollen», erklärt Schultzik. Nicht jede Idee führt zu einem verwendbaren Clip. «Manchmal haben wir nach einem Dreh kein gutes Bauchgefühl. Einige Dinge verwerfen wir auch wieder», sagt Arthur Gamm.

Polizei will Prävention betreiben

Tiktok ist nicht unumstritten. Der Medien-Experte Jonas Schützeneder sagt, dass die Plattform einen Zugang zu einer sehr jungen Zielgruppe bietet, die auf anderen Wegen eher nicht erreicht wird. Allerdings betont der Professor der Universität der Bundeswehr München: «Der Algorithmus fördert wie auch auf anderen Plattformen populistische und aggressive Inhalte und sorgt letztlich vor allem für Unterhaltung und Emotionalisierung.»

Polizist Sebastian Schultzik erklärt: «Wir versuchen, alle datenschutzrechtlichen Belange zu beachten. Für uns geht es auf Tiktok darum, unsere polizeilichen Botschaften zu platzieren und Prävention zu betreiben.» Das geht aus seiner Sicht auf. «Klar gibt es bei der großen Reichweite auch mal negative Reaktionen, aber die meisten sind positiv.» Auch innerhalb der Polizei sei das so. «Bei uns sind alle sehr offen, die Kolleginnen und Kollegen erkennen den Nutzen der Plattform. Dadurch haben wir relativ freie Hand.»

Anzeigen werden auf dem Tiktok-Kanal nicht entgegengenommen, doch die Kommentare unter den Videos werden alle gelesen. Zudem geben die beiden Polizisten in Schulen Tipps zum Umgang mit sozialen Medien und zum Thema Prävention. Einige Schüler kennen ihr Gesicht dann bereits. «Manchmal werden wir draußen wiedererkannt, und einige fragen dann auch nach einem gemeinsamen Foto», sagt Schultzik.

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