04. September 2025 – dpa Nachrichten

Archäologie

Archäologen erforschen ehemaliges Kloster Kaltenborn

Von Schreibstube bis hin zu Skelett ohne Kopf: Grabungen lassen ein lebendiges Bild des Alltags im Mittelalter entstehen – und erzählen vom dramatischen Ende im Bauernkrieg.

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Grabungen im ehemaligen Kloster Kaltenborn zeigen Erstaunliches.

Glockenguss, getrocknete Pflaumen, Vorratshaltung und Zerstörung – Archäologen haben im ehemaligen Kloster Kaltenborn bei Allstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) ein facettenreiches Bild des Klosterlebens gewonnen. «Auf dem rechteckigen Areal des Wirtschaftshofes von 140 mal 200 Metern wurde ein etwa 30 Meter langes, dreischiffiges Gebäude nachgewiesen. Vermutlich war es die Scheune für die Aufbewahrung der bäuerlichen Abgaben», sagte Projektleiter und Archäologe Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

Im Fundament haben die Archäologen zudem ein menschliches Skelett ohne Kopf und in Seitenlage entdeckt. Warum der Kopflose an dieser ungewöhnlichen Stelle niedergelegt wurde, wird noch untersucht.

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Ein Skelett wurde bei Grabungen im ehemaligen Kloster Kaltenborn gefunden.

Hunderte Jahre alte Dörrpflaumen entdeckt

Bei einem anderen Bauwerk vermuten die Archäologen, dass es sich um eine Schmiede handelt. Mehrere Lehmöfen künden von intensiver Buntmetallbearbeitung in der Frühzeit des 1118 gegründeten Klosters. Auch die Basis einer Glockengussanlage ist erhalten. «Hier wurde wohl eine Glocke für die benachbarte Stiftskirche gegossen», sagte Biermann. Ein Ofen mit Dörrpflaumen, die verkohlt und daher über Jahrhunderte erhalten geblieben sind, zeugt von der Bereitung von Trockenobst wohl in der Zeit nach 1500.

Schreibstube mit Schreibzeug

In einem weiteren Bauwerk fanden sich drei teilweise reich verzierte Buntmetall-Schreibgriffel, sogenannte «Stili» des 12./13. Jahrhunderts. Sie wurden zum Beschreiben von Wachstafeln benutzt. Der Vorteil: Die Notizen konnten gelöscht werden. «Möglicherweise handelte es sich bei dem Gebäude um eine Schreibstube, ein Skriptorium, oder um ein Verwaltungsgebäude, in dem das Gut verwaltet wurde», sagte der Archäologe.

Silbermünzen und Alltagsdinge

An Artefakten kamen auf dem Areal zwölf Silbermünzen, aus dem 13. bis frühen 16. Jahrhundert, zum Vorschein. In den Überresten der Nebengebäude konnten unter anderem landwirtschaftliche Geräte wie eine Mistgabel, zwei Äxte, Hufeisen, Messerscheiden, zerschlagenes Tongeschirr, Ofenkacheln, Fensterglas und Tierknochen geborgen werden.

Fehdekonflikt zerstörte einen Teil des Klosters

Mehrere Gebäude im Klosterhof zeigen Spuren von Brandzerstörung. Sie gehen auf die dramatischen Ereignisse im Frühjahr 1525 zurück, konkret auf eines von zwei schriftlich überlieferten Ereignissen: «Nach einem Bericht des damaligen Klostervorstehers gab es bereits am 4. April 1525, gut vier Wochen vor dem Angriff der Bauern auf das Kloster, einen kriegerischen Vorfall. Im Zuge eines Fehdekonfliktes wurde das Kloster von beauftragten Söldnern angegriffen und dabei 14 Ställe und zwei Scheunen angezündet.»

Altarsockel und alter Wirtschaftshof

Auch im Bereich des südlichen Seitenschiffs der Stiftskirche gab es neue Funde: ein etwa 1,50 Meter hoher Altarsockel mit Stufenanlage und Putzresten. Ebenso haben sich unter der heutigen Ackeroberfläche mächtige Fundamente, Fußböden, Kultur- und Trümmerschichten sowie Keller der massiven Steingebäude des Wirtschaftshofes erhalten, der sich direkt an die Klostermauer anschloss.

Ehrenamtliche Helfer unterstützen die Grabung

Für den 60-jährigen Karsten Müller, ehrenamtlicher Ausgräber aus Riestedt, ist das Projekt ein besonderes Erlebnis: «Hier bekommt graue Geschichte ein Gesicht. Hier sieht man wirklich die Spuren des Bauernkriegs.» Müller engagiert sich über den Heimat- und Geschichtsverein Riestedt bei den Grabungen.

An den bis zum 12. September laufenden Grabungen sind neben Fachleuten auch Studierende aus Deutschland und Polen sowie ehrenamtliche Helfer beteiligt. Die Ausgrabungen werden von der Gemeinde Emseloh und der Stadt Allstedt unterstützt. Ermöglicht werden die Forschungen durch den Bund und das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Gedenkjahres «Gerechtigkeyt. Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg».

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