17. Januar 2021 – Radio Brocken

Restaurierung von vormals gestohlenen Gemälden im Zeitplan

Ihr Verschwinden galt als einer der größten Kunstdiebstähle in der DDR, und ihre Rückkehr nach rund 40 Jahren wurde 2020 weit über Gotha hinaus als Sensation gefeiert. Auch die Restaurationsarbeiten an den fünf historischen Gemälden versprechen noch so manche Überraschung.

Gotha (dpa) - Nach ihrem spektakulären Diebstahl aus den Sammlungen von Schloss Friedenstein zu DDR-Zeiten sind vor etwa einem Jahr fünf bedeutende Gemälde nach Gotha zurückgekehrt. Inzwischen haben die Restaurierungsarbeiten an den historischen Bildern begonnen. «Bei allen ist schon viel passiert», sagte der Direktor Wissenschaft und Sammlung der Stiftung Schloss Friedenstein, Timo Trümper, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Bilder sollten alle im April fertig sein.

Bei der ersten Bestandsaufnahme nach ihrem Wiederauftauchen hätten Experten etwa mit Mikroskopaufnahmen schon viel über die Bilder und ihren Zustand erfahren können, so Trümper. «Trotzdem bleibt das ein oder andere Objekt eine Wundertüte.»

Eine besondere Herausforderung sei etwa die «Heilige Katharina» von Hans Holbein dem Älteren (1465 – um 1524). Das Frauenbildnis auf einer Ahorntafel stammt wohl aus dem Jahr 1510 und ist somit das älteste Gemälde unter den Rückkehrern. «Es ist sehr fein gemalt, man sieht einzelne Haare», erklärte Trümper. Das mache etwa die Reinigung sehr aufwendig. «Obwohl es das kleinste Bild ist, wird es mit am meisten Zeit kosten.» Auch sei bei dem Holbein noch nicht jede Entscheidung in Bezug auf das Vorgehen bei der Restaurierung gefallen. Zusätzliche Untersuchungen sollen einen Querschliff von Malschichten liefern, um etwa zu erkennen, ob es sich noch um den originalen Hintergrund handelt.

«Die Geschichte der Bilder soll nicht negiert werden», betonte Trümper. Jeder Schritt lasse sich etwa unter UV-Licht nachvollziehen und sei umkehrbar. Es gehe bei der Restaurierung auch darum, mögliche neue Erkenntnisse über die Bilder zu gewinnen. Das könne zu neuen Diskussionen darüber führen, ob die Gemälde tatsächlich von den Meistern gemalt wurden, die man bisher vermutet. «Die Debatte der Zuweisung ist bei dem einen oder anderen Gemälde auch noch nicht abgeschlossen.»

«Gerade bei Ferdinand Bol gibt es berechtigte Zweifel, die mit der Datierung zusammenhängen», berichtete Trümper. Bislang wurde das «Bildnis eines alten Mannes» unter Vorbehalt dem Rembrandt-Schüler Bol (1616-1680) zugeordnet. In der ab 24. Oktober geplanten Ausstellung zu den Bildern werde an dem Gemälde womöglich aber ein anderer Name stehen, so Trümper. Gleichzeitig betonte er: «Alle Bilder bleiben sehr prachtvolle und gute Werke - egal ob Rembrandt daneben steht oder nicht.»

Bei den anderen Bildern handelt es sich um «Selbstbildnis mit Sonnenblume» (nach 1633) von einem unbekannten Künstler nach Anthonis van Dyck, «Brustbild eines unbekannten Herrn mit Hut», das Frans Hals (um 1580 – 1666) zugeschrieben wird, und um das Landschaftsbild «Landstraße mit Bauernwagen und Kühen», das vermutlich aus der Werkstatt Jan Brueghels des Älteren (1568 - 1625) stammt.

Die bis 22. Mai 2022 geplante Schau soll auch die bewegte Historie der Bilder, inklusive ihres Diebstahls, aufgreifen. Recherchen aus Stasi- und Kriminalakten sollen dazugehören. Zudem sollen damit auch die anderen großen Verluste thematisiert werden, die die teils über Jahrhunderte gewachsenen Sammlungen von Schloss Friedenstein gerade im 20. Jahrhundert zu verzeichnen hatten.

«Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegsjahre, die gekennzeichnet waren durch Diebstähle und die umfassende Verlagerung von Kulturgut in die Sowjetunion, haben die fürstlichen Sammlungen deutlich dezimiert», heißt es bei der Stiftung. Allein im Verlustkatalog der Gemälde von 2011 seien insgesamt 435 Objekte gelistet.

Die fünf «Rückkehrer-Gemälde» aber waren in einer stürmischen Dezembernacht 1979 gestohlen worden und galten lange als verschollen. Berichten zufolge soll ein inzwischen gestorbener Mann aus Südthüringen die Bilder entwendet und später Bekannten in Westdeutschland überlassen haben. Deren Erben sollen die Bilder 2018 dem damaligen Stiftungsratsvorsitzenden, Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD), angeboten haben. Unter anderem durch seine diskreten Verhandlungen konnten sie Anfang 2020 zurück nach Gotha geholt werden - ohne dass für die Rückgabe Geld geflossen sei.

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